Premierenfieber

Wenn man den Titel dieses Blogs mit der Überschrift dieses Textes vergleicht, wird man sich fragen, was hat Premierenfieber mit Seelenmüll gemein. Doch man sollte die Bezeichnung Seelenmüll nicht so wörtlich nehmen. Vielmehr ist es so, dass ich hier schriftlich niederlege was mir auf der Seele brennt. Jedoch findet man auch im Müll so manche wertvolle Schätze, sodass, wenn ich noch einmal auf den Ausdruck zurück kommen darf, man hier doch so einiges, für mich Wertvolle finden wird.Wahrscheinlich wird man sich auch fragen, warum ich an dieser Stelle hier doch manch intimes Befinden von mir preisgebe, obwohl mein Bekanntheitsgrad, was die Veröffentlichung von literarischem Gedankengut betrifft, doch eher gering ist. Ebensowenig bin ich eine Persönlichkeit, die im Fokus der breiten Öffentlichkeit steht, sei es seitens künstlerischer oder politischer Talente. Nichtsdestotrotz bin ich ein wichtiger Mensch, der zu seinen positiven und nicht ganz so vorteilhaften Eigenschaften steht. Wenn man sie nach mindestens drei guten Wesenszügen fragt, die ihnen zu eigen sind, so werden sie spontan darauf nicht sofort antworten können. Vielleicht gelingt es ihnen aber, bei intensiverer Suche nach vorteilhaften Attributen, so einiges aus ihrem Innersten aufzutreiben. Mir ist es während meiner Entwöhnungstherapie vom Alkohol gelungen, natürlich nach intensivster Recherche, weit über zwanzig Qualitäten zu benennen, die auf der Habenseite meines Ichs zu finden sind. Gewiss ist die Sollseite auch bestückt, denn das gehört zu einer ausgewogenen Lebensart dazu. Und wer kann schon von sich behaupten, er wäre perfekt? Nun, was sie hier lesen hat prinzipiell nichts mit Überheblichkeit zu tun, sondern gehört für mich als Alkoholiker – seit Januar 2004 aber ohne jeglichen Rückfall abstinent – und Depressiver zum Gesundsein dazu. Außerdem bin ich ein wertvoller Mensch, der sich selber wichtig ist und natürlich auch für andere. So sehe ich mich als besonders wichtigen, vertrauensvollen Menschen für meine Jüngste, doch auch für meine anderen Kinder sehe ich mich als Person von hoher Signifikanz. Sogar für den Menschen der mir einmal sehr nahe war, bin ich jetzt in der Hinsicht wichtig, dass ich öfter Grund und Anlass für etliches Messempfinden bin.

Sollten sie jetzt der Ansicht sein, von meinen Grunderkrankungen abgestoßen zu sein und sich für den weiteren Text nicht mehr zu interessieren, so können sie an dieser Stelle ja mit der Lektüre des weiteren Berichts aufhören.

Ich nehme aber an, dass sie doch noch Interesse haben, oder vielleicht einfach nur neugierig sind und studieren meine Worte weiter.

Doch nun, an dieser Stelle, möchte ich endlich der Überschrift gerecht werden und hier aufschreiben, was es damit auf sich hat. Es geht tatsächlich, was man auch denken sollte, um Theater. Besser gesagt um Oper. Korrekt allerdings um ein Requiem. Bevor ich aber den Wortlaut darauf richte, muss ich in der Zeit etwas zurückgehen. Es kann ja sein, dass sie ebenfalls, wie ich als Person, Mutter oder Vater eines oder mehrerer Kinder sind. Wenn ich überlege, und ich bin da doch der Ansicht, dass man auch in so einem Fall im übertragenen Sinn von Premierenfieber sprechen kann. So hat man ja, wenn ein Kind dabei ist zu reifen und dabei ist, sich auf den Weg ins Licht des Lebens vorzubereiten, die vielfältigsten Vorstellungen welche Vorzüge oder Wesensarten der Nachwuchs doch haben soll. Eigentlich, wenn man mit sich ehrlich ist, der sekundäre Aspekt neben der Frage, welches Geschlecht die Nachkommenschaft denn hat; wird es ein Stammhalter, der den Namen der Familie weiterträgt – heutzutage jedoch nicht von Relevanz – oder wird es ein Mädchen. Um dann doch noch einmal auf den Aspekt zu kommen, welches Temperament sich da entwickeln wird, kann ich jetzt nur dazu sagen, dass sich die Persönlichkeit eines Individuums aus den Erfahrungen und Begegnungen vor allem im Laufe seiner Kindheit und Jugendzeit entwickelt. Psychologen behaupten und da will ich auch nicht widersprechen, dass für die Entwicklung das Urvertrauen der überhaupt wichtigste Gesichtspunkt ist und wenn ich hier von Persönlichkeit spreche, dieses Urvertrauen in jedem Fall voraussetze.

Als meine jüngste Tochter geboren wurde, oder, und sich auch noch im Mutterleib befand, war für mich die oberste Priorität, die Befriedigung meiner Sucht. In Bezug auf das humanoide Premierenfieber war mein Interesse, wie die Entwicklung aussehen sollte, doch eher gering. Doch nach dem ich meine ganz persönliche Büchse der Pandora verschlossen hatte und – nach achtzehn Wochen Therapie in einer Fachklinik – wie Phönix aus der Asche ins Leben getreten bin, nahm ich meine Rolle als Vater doch sehr wichtig und hatte dementsprechend auch ganz bestimmte Vorstellungen, wie meine Jüngste doch werden sollte. So tat ich dann doch so einiges dafür, dass sie unter anderem auch für die Liebhabereien , die mir inne waren, das gleiche Faible haben würde. Natürlich ist meine Freude darüber groß, dass sie die gleiche Liebe zu den bayerischen Bergen entwickelt hatte, wie sie mir zu eigen ist. Doch nun komme ich dem Sinn der Überschrift etwa näher, denn meiner Jüngsten gefällt, ebenso wie mir, die klassische Musik. An dieser Stelle dann doch dazu die Bemerkung, dass man mir diese Liebhaberei, besonders die zur Oper, von einem Menschen der mir nahestand, so vereiteln wollte, indem die These aufgestellt wurde, dass Menschen die Opern hören nicht Richtig im Kopf seien. Ich möchte jedoch feststellen, dass meine Toleranz, was den Musikgeschmack eines Menschen angeht, sehr weitgefächert ist. Doch nun weiter im Text. Wie sie jetzt wissen, gefällt meiner Jüngsten klassische Klänge. Sie ist dabei aber nicht so exzessiv wie ich, sondern hört auch ihrem Alterskreis entsprechende Musik, wie Songs der aktuellen Charts und Michael Jackson.

Ihr absoluter Favorit der Klassik ist Wolfgang Amadeus Mozart. Sie hat schon sein Geburtshaus in Salzburg besichtigt, kennt sich mit seinem Lebenslauf etwas aus, ist mit einigen seiner Opern bekannt, wobei der Favorit hier die Zauberflöte ist, die sie selbstredend schon als Aufführung erleben durfte und hierbei ihre persönliche Messlatte darin liegt, dass die Inszenierung im Musiktheater nicht zu überbieten ist. Ich kann mir vorstellen, dass sogar eine Aufführung bei den Salzburger Festspielen für sie Provinzcharakter haben kann. Ihr Gefallen an Klassik und Oper entwickelte sich im Lauf der Zeit immer weiter. Sie entdeckte auch noch andere Komponisten und offenbart dann schon mal den Wunsch nach einem Opernbesuch.

Doch bis zum Premierenfieber müssen sie noch etwas Geduld zeigen. Bei mir waren es fast zwei Jahre, die mir doch einiges an Geduld und auch Überzeugungskraft gekostet hatten. Sie erlauben mir noch eine kleine Rückschau, um der besseren Erklärung willen. Im Juni des Jahres 2009 bin ich mit meiner jüngsten Tochter aus der ehelichen Wohnung ausgezogen und haben uns ein eigenes Domizil eingerichtet. Irgendwie hatte ich immer den Wunsch an sie, dass sie doch einem Chor beitreten sollte. Erstens wegen der sozialen Kontakte, dann, weil ich festgestellt hatte, dass sie gerne singt, was sie ja auch darin bewiesen hatte, indem sie bei einer Aufführung eines religiösen Musicals in der Kirche, während des Minikonfirmandenunterrichts, im Chor mitwirkte und dabei auch noch viel Freude hatte. Dann versuchte ich Euphorie in ihr zu wecken, indem ich ihr von meiner Erfahrung als Mitwirkender im Musiktheater – zu Jugendzeiten – erzählte und ihr dann auch vermitteln wollte, ich mir vorstellen könnte, sie dort ebenfalls auf den Brettern, die die Welt bedeuten, zu sehen. Jedoch war dieses Anliegen meinerseits eher humoristisch zu sehen und wurde von ihr immer vehement abgewiesen. Ich glaube sie werden jetzt merken, dass ich so langsam auf den Punkt kommen werde.

Um meine Vorstellung des Ursprungs und der Fakten für diesen Bericht nun endlich abzuschließen, kann ich jetzt verlauten, dass ich es endlich geschafft hatte, dass meine Jüngste, es war wohl im März, und was letztendlich der ausschlaggebende Punkt war, kann ich heute mit Sicherheit noch nicht einmal erklären, dass sie dem Chor der Städtischen Musikschule in Gelsenkirchen beitrat. Obwohl, und damit bewies sie ihre Ehrlichkeit, gab sie dann bereitwillig die Antwort auf die Frage nach dem Warum, damit, dass sie dann doch deutlich machte, dass es eher das Anliegen des Vaters sei. Aber im Brustton der Überzeugung sei gesagt, dass es mir doch von Anfang an klar war, dass auch bei ihr sich die Genugtuung breitmachte und ein gewisser Stolz entstand. Ein Aufenthalt in der Landesmusikakademie und ein öffentlicher Auftritt in einer Kirche festigte dies ebenfalls.

Aber der Chor wirkt auch im Musiktheater bei der szenischen Inszenierung des War Requiem von Benjamin Britten mit. Anfang April fingen die Proben dazu an. Natürlich probte man schon die Fugen dazu während der normalen Chorprobezeiten in der Musikschule. Dem ungeachtet waren – und sind es noch immer – es aber die Einstudierungen, die im Theater vonstatten gingen bzw. immer noch gehen, die für sie von höchster Wichtigkeit sind.

Ich möchte noch einmal zurück zu meiner Einleitung gehen. Es ist ganz klar, wenn man sich etwas von der Seele, in diesem Fall schreibt, geht es immer um positive oder negative Ereignisse. Über den durchschnittlichen Alltag lohnt es sich nicht. Aber was mich im Moment bewegt, lässt alles andere im Schatten verschwinden. Wenn sie aufmerksam gelesen haben, ist ihnen bestimmt aufgefallen, dass ich von Zeiten geschrieben habe, in denen ich selbe am Theater war. Nun ich glaube, wer das nicht erlebt hat, dieses Gefühl dabei zu sein – ich habe schon einmal eine kleine Biographie über diese Zeit verfasst -, mit den Sängern auf der Bühne zu stehen, aber auch die ganze Atmosphäre, die Kostüme, Kostümprobe, Maske, die Regie, Regieanweisungen, der weiß nicht wie man sich dabei fühlt; ich merke ich komme ins Schwärmen bei diesem Thema. Man wird es mir nun wohl abnehmen, wenn ich die Behauptung aufstelle, dass es für mich kein lästiges Unterfangen ist, wenn ich an den Abenden, wenn die Probezeiten bis 21:00 Uhr dauern, entweder mit dem Hund per Pedes oder mit dem Fahrrad, mich zum Theater begebe, um meine Tochter wieder in meine Obhut zu bringen.

Ich weiß also wie es meiner Jüngsten nun geht; bekomme natürlich alles hautnah mit, wenn sie von den Proben erzählt. Hatte auch schon die Gelegenheit einer Probe – auf der Probebühne – beizuwohnen. Dramaturgin und Regisseurin hatten die Eltern dazu eingeladen, um in erster Linie das Stück und das Konzept der Inszenierung zu erklären. Gerade weil es viel mit Tot, Krieg und Gewalt zu tun hat. Doch das Vorbereiten der Kinder auf diese Thematik war/ist Vorbildhaft. Nun ja, man wird schon etwas hellhörig, wenn man von den Kindern hört, dass sie im Stück ihre Eltern umbringen, dass sie auch selber sterben.

Aber nun zum Premierenfieber. Eigentlich ist da nicht mehr viel zu erzählen. Nein, keine Premiere, wie man jetzt denken könnte, die findet noch statt und ich bin jetzt schon gespannt darauf und freue mich auf die Aufführung. Premierenfieber ist eine Veranstaltung des Musiktheaters, bei der dem Publikum die Thematik Inszenierung vorgestellt wird und man die Gelegenheit hat, einer öffentlichen Probe beizuwohnen. Es war nicht meine erste öffentliche Probe, ich hatte schon diese, natürlich mit meiner Jüngsten, zu Boitos Mefistofele gesehen. Ihr Wunsch war es dann auch, die Oper als Vorstellung zu besuchen, was wir dann auch gemacht hatten.

Diesmal war aber die große Schwester mit, was mich und ihrer Schwester natürlich Freude bereitet hatte. Leider hat sie nicht so einen Draht zur Klassik, aber ich glaube es betraf sie doch etwas, ihre Schwester auf der Bühne, und wenn es auch nur eine Probe war, zu sehen. Doch wie schon gesagt, in mir kamen Erinnerungen zutage, die ihren Ursprung an eine schöne Zeit hatten.

Ich bin dann mal wieder da!

Also eigentlich war ich gar nicht weg. Jedenfalls nicht so wie Hape Kerkeling auf einem Kreuzweg. Wenn auch der Titel das assoziieren sollte. Doch man hat auch so sein Kreuz zu tragen. Mit der Familie und den Kindern. Da macht man aber eigentlich doch gerne. Vor allem, wenn man dafür gelobt wird. Es kann aber auch sein, dass das Kreuz, das man zu tragen hat, nicht unbedingt notwendig ist. Auseinandersetzungen mit der Ex oder Ärger über Freunde, für die Freundschaft eine andere Bedeutung hat, als für einen selber.

Aber um der Überschrift gerecht zu werden, die ja die Rückkehr einer zeitlich beschränkten Ortsabwesenheit beschreibt: ja ich war schon weg gewesen. Zu den besonderen Ereignissen eines Menschen gehört auch der stationäre Aufenthalt in einem Krankenhaus. Ich hatte acht Tage das Vergnügen.

Da wohl der letzte Arztserien-Junkie weiß, dass der Alltag in einer Klinik alles andere als „heile Welt“ ist – im wahrsten Sinn des Wortes -, wird jetzt auch keine Story erwarten können: >Schwesternschülerin liebt Assistenzarzt< oder >Chefarzt schwängert Oberschwester< oder ähnliche Titel. Allerdings will ich an dieser Stelle weder den durch strukturierten Krankenhaus-Alltag beschreiben, noch eine Geschichte in Tagebuch-Form, so nach dem Motto eines Schulaufsatzes: >Meine schönste OP< oder >Schlimme Tage auf der Intensivstation< oder ähnliche Titel. Die Überschrift die ich ja letztendlich gewählt habe finde ich da doch schon interessanter. Macht einfach mehr her. Soll ja auch bedeuten, dass, wie ich beim Öffnen dieser Web-Seite feststellen musste, ich schon länger nichts mehr geschrieben habe und mich mit diesem Text wieder zurückmelden möchte.

Doch jetzt wieder zurück zu meinem Aufenthalt in der Klinik. Da ich doch schon öfters im Krankenhaus gelegen habe, wird man hier auch Szenen aus früheren Klinikaufenthalten finden. Als Mensch ist man ja so empfindlich. Wenn man bedenkt, dass man eher Schaden nimmt von Individuen die man noch nicht einmal mit bloßem Auge entdecken kann, als wenn man von einem Auto überfahren wird. Und die Biester sind auch noch klever. So erweisen sich ja manche Bakterien resistent gegen viele Antibiotika. So sind auch viel mehr Menschen an der Pest verreckt, als es Tote in so manchen Schlachten und Kriegen gab. Nebenbei bemerkt ist der Mensch doch eine Fehlkonstruktion der global, suizidales Verhalten an den Tag legt. Wir treiben Schindluder mit unserer Umwelt, bauen Atomreaktoren die, wie in Tschernobyl und jetzt in Japan, so anfällig sind, dass sie bei Störungen tausende von Menschen in Gefahr bringen, töten, oder mit Langzeitschäden behaften. Aber mich hatten weder Viren noch irgendwelche Bakterien niedergemacht, sondern ich musste des Öfteren schon einige Operationen über mich ergehen lassen. Welche, das ist nicht relevant und tut nichts zur Sache.

Im Vorfeld sollte ich auch noch erwähnen, dass ich mir eigentlich gedacht hatte, mich für ein paar Tage ausruhen zu können von der Last des Oben erwähnten Kreuzes. Doch irgendwie hat das dann doch nicht so recht funktioniert. Nicht, dass es an den Mitpatienten lag, mit denen ich mein Zimmer teilen musste. Da hatte ich Glück, denn sie ließen mir meine und ich ihnen ihre Ruhe. Gespräche waren dann auch selten und wenn, dann Unterhaltungen und keine Verhöre, wie man es ja auch kennt; vor allem von den Angehörigen und Besuchern.

Da gibt es zum Beispiel Zeitgenossen, die einem den letzten Popel aus der Nase fragen, nach Biographie, Herkunft, Beruf, Grund des Krankenhaus-Aufenthalts und Anamnese. Dieser Typus hat dann auch meistens die Eigenart, bei Antworten auf Fragen nach Krankheiten, dieselben gehabt zu haben, aber dann mit immer schlimmeren Symptomen und die eigenen Erkrankungen als Lappalien herunterspielen. Diese Spezies hat auch die Angewohnheit einen mit einem jovialen Du anzusprechen. Schutz vor solcher Gattung bietet arrogante Ignoranz. Vielleicht sollte man aber auch versuchen, bei der Frage nach der gesundheitlichen Vorgeschichte, einige psychische Erkrankungen und Aufenthalte in geschlossenen Stationen psychiatrischer Kliniken zu erfinden. Ich könnte mir denken, eine paranoide Schizophrenie mit Fremdgefährdung, lässt so manchen Besserwisser verstummen.

Aber auch Besucher sind ein Thema für sich. Es gibt da Patienten die halten von morgens bis abends Audienz. Selbst die Mittagsruhe ist für sie kein Tabu. Da gibt dann der eine Besucher dem anderen Gast die Klinke in die Hand oder erscheinen sogar im Rudel. Das ist besonders bei Menschen mit muslimen Hintergrund die Sitte. Aber auch bei unseren Landsleuten ist es manchmal üblich, dass Besucher in Gruppen das Krankenzimmer ihren Angehörigen, Bekannten oder Freund defilieren. Auch darunter wieder einige Spezies, die sämtliche Krankheiten mit Symptomen und Therapievorschlägen kennen. Eigene Erfahrungen werden natürlich auch angeführt. Meistens ist es dann auch so, dass die Klinik in der man sich befindet überhaupt nichts taugt, Ärztepfusch an der Tagesordnung ist und man schon einige Horrorstorys vernommen hat. Ganz klar, dass auch Krankenschwestern und -pfleger unfreundlich sind und das Essen unter aller Sau ist. Gegenargumente werden da nicht zugelassen. Schlimm wird es nur, wenn man von solchen Exemplaren selber ins Kreuzfeuer genommen wird. Hier helfen dann nur oben genannte Abwehrmaßnahmen.

Der eine oder andere Besucher bringt es auch fertig, dass man aus den Unterhaltungen die familiären Situationen des Mitpatienten herausbekommt. Dieser und jener ist dann auch schon mal konsterniert weil Tante A. noch nicht am Krankenbett war oder was Onkel B. denn hier zu suchen hatte.

Wenn es schon die Besserwisser gibt, die alles herunterspielen, so gibt es auch die gegenteilige Spezies, die die Patienten gerne verunsichern, harmlose Krankheiten als todbringendes Leiden definieren, dann nach der Patientenverfügung fragen und Mitleid bekunden. Es fehl dann nur noch, dass man ein gutes Bestattungsunternehmen emfielt. Da wird dann meistens auch der Arzt konsultiert; man macht sich ja solche Sorgen. Pflegepersonal wird angewiesen, sich doch besonders um den angehörigen Kranken zu kümmern. Vorsicht, vor solchen Exemplaren ist man selber nicht gefeit.

Die Folge von solchen Angehörigen sind dann meistens Patienten, die dann sehr „leidend“ sind. Da wird dann aus einem Furunkel schon mal ein bösartiger Tumor. Ein leichtes Ziehen in irgendwelchen Gliedmaßen erfordert dann ein stark sedierendes Schmerzmittel. Leicht erhöhte Temperatur wird zur schlimmen Fieberattacke. Etwas erhöhter Blutdruck wird zu Herzrhythmusstörungen. Die Frage nach dem Stuhlgang artet dann in der detaillierten Beschreibung der Darmausscheidungen aus. Schmerzen im Bauchraum erfordern dann schon mal eine strenge Diät. In vielen Fällen kommt dann zu der Primärerkrankung noch einige Sekundärleiden hinzu. Der rote Knopf an der Wand hat für diese Archetypen magische Kräfte. Da wird dann schon mal nach der Schwester oder dem Pfleger geläutet, wenn das Kopfkissen verrutscht ist, man noch etwas Wasser – aber nur aus der grünen Flasche, das andere verträgt man ja nicht – nach geschenkt haben möchte und wegen anderer Nickeligkeiten, die hier den Rahmen sprengen würden. Aber auch so erregen sie schon Aufmerksamkeit, indem sie von Zeit zu Zeit laut stöhnen oder jammern. Vorsicht, bitte nicht darauf reagieren oder etwa selber die Schwester rufen; einfach ignorieren und wenn möglich, Mp3-Player an, Kopfhörer auf die Ohren und laut Musik hören.

Doch noch einmal zurück zu meinem letzten Abstecher auf der chirurgischen Station des St. Josef Hospitals in Gelsenkirchen-Horst. Ich kann das ruhig erwähnen, denn mein Bericht wird wohl keine Leumundsklage hinter sich führen. Außerdem bin ich mit dem Haus – und dieses mal auch – zufrieden. Hier wird man noch als Mensch behandelt und nicht als der Patient Nr. X. Nebenbei bemerkt, auch die Küche ist hervorragend. Wichtig ist auch, die Ärzte keine Herrgötter in Weiß, sondern Menschen mit denen man reden kann und die Rede und Antwort auf Fragen geben, die man stellt.

Am ersten Tag dann gleich die OP. Die Voruntersuchungen fanden einen Tag vorher Vorstationär statt. Spart den Krankenkassen einige Euros. Jedenfalls war ich dann von zehn bis sechzehn Uhr vom Zimmer. Zehn Minuten später kamen dann meine Mädels. Doch kurz darauf meinte dann die Kleine, dass sie doch lieber gehen wollte, ich sähe doch irgendwie Scheiße aus. Kinder sind halt ehrlich. Einen Tag später am Mittag war ich dann endlich wieder „da“. Leider auch Besucher die wohl alle ihr Kommen auf diesen Tag verlegt hatten. Irgendwann hörte ich dann nicht mehr zu, was man mir erzählte. Ich war ganz einfach erledigt und wollte nur noch meine Ruhe. Außerdem hatte ich noch nicht eine Seite in meinem Buch lesen können. Aber um es vorweg zu nehmen: ich schaffte es noch in der Zeit und konnte sogar noch ein zweites anfangen.

Am dritten Tag kam dann ein neuer Patient aufs Zimmer, der einen Tag später operiert wurde. Der Arme war deswegen ans Bett gefesselt und von daher etwas hilflos. Da ich kein Interesse an Konversation hatte, gab ich ihm die Fernbedienung für den Fernseher, der übrigens bis dato ausgeschaltet war. Böser Fehler, wie ich kurz darauf feststellen musste. Der Mensch hatte wohl die Fernbedienung mit einer Klaviatur verwechselt. Kurz und gut, da wurde gezappt was der Finger herhielt. ARD, Verbotene Liebe > ZDF, SOKO Stuttgart > RTL, Explosiv > SAT1, Hand auf Herz > ProSieben, die Simpsons – hier verweilte er etwas länger, bis zur Werbung > wieder zurück zur ARD, dann RTL, zwischendurch ein Abstecher zu VOX und kabeleins, dann die gleiche Prozedur von vorne usw. Da war für mich von Lesen keine Rede. Mir blieb dann nur noch eins übrig und das war, den MP3-Player an, Kopfhörer auf und Mozart auf volle Lautstärke. Doch irgendwann ließ das Hin- und Herschalten nach. Wahrscheinlich als Folge von Lähmungserscheinungen im Zeigefinger.

Wenn ich gedacht hatte, mal so richtig ausschlafen, war wohl nichts. Morgens dann immer ein Auftritt wie der Einsatz eines Sondereinsatz-Kommandos. Zuerst die Menschen von der Pflege. Blutdruck, Puls und Fieber messen. Die obligatorische Frage nach dem Stuhlgang. Dann die Frage nach dem Schmerzempfinden auf der Richterskala von null bis zehn. Beim Betten machen dann noch etwas small talk. Kurz darauf oder kurz vorher dann die „Operation Weißkittel“, bekannt auch als Visite. Meistens so an die vier Ärzte. Frage nach dem allgemeinen Befinden und explizit nach den Genesungsfortschritten der ausgeführten Operation. Doch wie gesagt, auf Fragen wurde ausführlich geantwortet. Kein arrogantes herablassendes „na das wird schon“. Doch mir passierte auch so mancher Lapsus. Entweder ich war, wenn Visite war, gerade im Bad und wollte mich waschen oder meine mobile Telekommunikationseinheit gab Signaltöne von sich.

Am fünften Tag, ich hatte es doch tatsächlich geschafft mich im Bad zu waschen und anzuziehen ohne von der ärztlichen Visite oder des pflegerischen Einsatzes unterbrochen zu werden, war das dritte Bett von einem kleinen Jungen von fünf Jahren belegt. Die Mama war selbstverständlich dabei. Ich sah mich schon abends Märchen erzählen – da habe ich allerdings keine Probleme mit, durch meine Kinder habe ich da Übung drin – , doch er blieb nur zu einer ambulanten Operation und war am Nachmittag wieder weg.

Am achten Tag war dann meine Entlassung und ich hatte doch noch einige Stunden der Ruhe für mich finden können. Wie gesagt, ein Buch ausgelesen und das zweite angefangen. Das konnte ich aber noch nicht zu ende lesen, denn als ich zuhause ankam musste ich feststellen, dass meine Mädels doch ein leichtes Chaos hinterlassen hatten. Es ging dann daran, die Wohnung aufräumen, Wäsche waschen und bügeln. Ich muss sagen, eine seltene Form der gesundheitlichen Rehabilitation.

Cogito, ergo sum – ich denke, also bin ich

Ich denke, also bin ich, existiere. Doch wer bin ich. Ich bin ein Held, ein Held meines ichs, mein eigener Held. So bin ich wie Odysseus, ein Held der mit List Troja besiegte, so wie ich einen Feind besiegt habe der sich Krankheit nennt, der listiger ist als die Schlange im Paradies, eine Krankheit die eigentlich nie besiegt ist. Die in den hintersten Windungen des Stammhirns noch immer darauf wartet erweckt zu werden, wie ein Vampir in seinem Sarg. Dann ist diese Krankheit darauf zurückzuführen, dass ich nicht die Gene Laertes in mir trage sondern die des Sisiphos. Nur war es kein Fels der meines Vaters und mein Leben zum Leiden werden ließ.

Wenn ich wie Odysseus bin, so ist mein Dasein gleich seiner Irrfahrt auf dem Weg zu Penelope, der spartanischen Königstochter. Doch wer ist Penelope? Sollte ich sein wie Orpheus, der aus Liebe zu Eurydike in den Hades steigt um sie zu retten? Wäre ich wie er, würde ich sie dort lassen, bewacht von Kerberos, damit Minos, Rhadamanthys und Aiakos über sie richten soll und das Urteil sie in den Tartaros bringt.

Also bin ich Odysseus, ein Held der keine Lyra braucht, um seine Gegner zu bezwingen. Selbst Poseidon habe ich herausgefordert, den Gott des Meeres, in dem ich seinen Sohn Polypherm geblendet habe. Doch ich war selber Polypherm, einäugig nur in Richtung des Gottes des Meeres gerichtet, wobei mein Gott ein Nebel war, der ein Meer bildete aus Egoismus und Einsamkeit. Ich bin jetzt Blind, doch diese Blindheit ist gut, denn jetzt sehe ich mit dem inneren Auge der Erkenntnis.

Auch die Tochter von Helios und Perse, Kirke konnte mir nichts anhaben. Ich lass mich nicht verwandeln. Jedoch meine Nymphe Kalypso liebte ich nicht nur sieben Jahre, oh ja, es waren viele mehr und es war kein blondgelocktes Haar was mich betört hatte.

Auch wie Odysseus habe ich alle meine Gefährten verloren, doch waren sie dem wahren Helden gute Kameraden, so waren meine Gefährten schlecht und nicht von dieser Welt. Sie nannten sich Hass, Wut, Eifersucht, Selbstsucht, Ignoranz und Lieblosigkeit. Doch wie Odysseus der Skylla ihre sechs Hundeköpfe abschlug, so schlug ich diese sechs Gefährten von mir ab.

Nun bin ich auf dem Schiff des Lebens das durch eine Zeit fährt, wo neue Gefahren und Abenteuer auf mich warten. Doch wie Odysseus die Göttin Athene zur Hilfe hatte, bin ich auch nicht alleine auf diesem Schiff, auch ich werde begleitet von der Göttin der Weisheit, Strategie und des Kampfes.

Doch wen ich noch zu fürchten habe ist Medusa mit ihrem Schlangenhaar, dessen Gegner sie nur durch ihren Anblick zu Stein verwandeln lässt. Ich habe ihr schon oft ins Gesicht gesehen und sie ließ mich genau so oft in Stein verwandeln. Jetzt ist es oft Athene, die mich aus der Versteinerung hilft. Aber dann bin ich nicht nur wie Odysseus, ein Held wohl, aber ein Sterblicher.

Doch ich denke und ich existiere. Jedoch ich war Odysseus oder bin es noch. Doch was wartet noch auf mich? Soll ich wie Herakles 12 Arbeiten verrichten, um in den Olymp aufgenommen werden? Dazu brauch ich nicht zu sein wie Herakles. Ich werde sein, der ich sein werde und keine Zweifel werden mich quälen. Mein Weg wird mich in den Olymp führen, an der Seite mit Athene. Ich habe es getrieben, wild und hemmungslos mit Erato, Kalliope, Melpomene, Polyhymnia und Thaliea, und es war gut. Sie haben mich gelehrt und ich habe gelernt, dass ich Unsterblichkeit erlangen kann, mit ihrer Hilfe. Und ich habe es angenommen. Jetzt kann ich bestimmen wie Zeus, kann schneller sein als Areion, mehr sehen als Argos, klüger sein als Gryphos, rätselhafter als die Spynx.

Kann das Aigis benutzen und damit ein Gewitter heraufziehen lassen, kann den Ariadnefaden für meine Zwecke nutzen, kann ohne Skrupel die Büchse der Pandora öffnen und bestimmen, was sie bringen soll, alles Schlechte der Welt oder Hoffnung. Ich werde meinen Geist füttern aus dem Füllhorn der Amaltheia. Denen ich Unglück wünsche, werde ich das Halsband der Harmonia schenken.

Oh wie schön wird es sein, ich kann Göttinnen schwängern wen und wann ich will, kann bestimmen was es für Nachkommen werden, wenn sie mir nicht mehr gefallen, kann ich sie töten. Wer will mich dafür bestrafen? Zeus? Wenn ich selber Zeus bin. Dann habe ich die Gabe Atropos, Klotho und Lachesis zur Gleichen Zeit zu sein und selber Schicksal spielen. Wenn mir danach ist, schicke ich Zephyros los und lass ihn ein paar Frauen schwängern, lass Notos ganze Kontinente zerstören und wenn ich dann gut gelaunt bin, lass ich Euros warmen Regen bringen. Vielleicht werde ich Hekate zu Rate ziehen, wenn mir danach ist oder ich bin sie selber. Oh Athene, komm, lass uns starten mit unseren Taten.

Ich denke, also bin ich und ich denke, wir sind dazu bereit.

Ein super Wochenende

Um es gleich vorweg zu nehmen, wird es in der Zukunft wahrscheinlich nicht mehr so oft vorkommen, Texte mit positivem Inhalt von mir hier vorzufinden. Das liegt daran, dass meine Kleine jetzt so langsam die Grenze ihrer vorpubertären Trotzphase überwunden hat und sich jetzt am Anfang einer Epoche der Selbstfindung befindet. Von psychologischer Seite hat man mich schon darauf vorbereitet. Dass aus den „drolligen Minuten“, die nichts anderes bedeuten, dass das was ich sage per se in Frage gestellt wird, was häufig dann auch mit unnötigen Diskussionen begleitet wird, um dann von ihr mit einem Rückzug ins Schlamperarium (Räumlichkeit eines Kindes, wo der Begriff Ordnung ein Fremdwort ist) beendet zu werden, im Zug der Zeit zu „drolligen Stunden, Tagen, Wochen usw,“ werden. Ich werde also in Zukunft nichts mehr richtig machen, was Interaktionen mit der lieben Kleinen angehen, so prophezeite man mir es jedenfalls.

Jedoch, mein Nervenkostüm ist noch geschont und ich kann von einem wirklich schönen Wochenende berichten. Wirklich, ist jetzt auch nicht ironisch gemeint. Also, meine Kleine hatte Besuch von ihrer besten Freundin erwartet. Meine elf Jahre jung, die Freundin schon Zwölf. Das Schlamperarium wurde im Vorfeld schon etwas wohnlich gestaltet und so geordnet, dass man wenigstens mit zwei Mädels dort Platz hatte, um die Nacht dort zu verbringen. Meinem Ordnungssinn nach allerdings immer noch ein Desaster. Aber egal, da muss ich drüber weg sehen, sagt mir auch Jeder. Anscheinend haben die keine Kinder, ist Ordnung und Sauberkeit ein Fremdwort, sind Eltern die ihre Kinder auf eine Waldorfschule schicken oder haben Nerven wie Drahtseile. Um die Mittagzeit wurde dann die Freundin von ihrer Mutter gebracht. Beide Mädels dann ins Zimmer meiner Tochter. Und was macht man dann so? Man baut ein Zelt auf, im Zimmer. Weil, draussen lag ja Schnee und es war ganz schön kalt. Doch was solls, man muss den Kindern ja ihren Freiraum lassen. Haben das Zelt ja nicht in meinem Wohnzimmer aufgebaut.

Wie ich gerade schon angeführt habe, war das Wetter recht winterlich. So etwas gibt es bei uns in Gelsenkirchen ja nicht so häufig. Meistens entsteht recht schnell eine mittel- bis dunkelbraune Matschmasse die mit reichlich Granulat durchzogen ist. Aber es lag noch relativ viel Schnee und da wir in einer Nebenstraße wohnen, wurde auch nicht geräumt und gestreut. Was für die Autofahrer wohl ein Übel war, für die Kinder wars ein Segen. Da wir sehr nah am Naherholungsgebiet Mechtenberg wohnen, zu Fuß ca. 4 Minuten, hatte ich geplant, mit den Mädels eine Nachtwanderung zu unternehmen. Der Vorschlag wurde auch positiv bewertet und angenommen.

Da es in der Nacht ja dunkel ist, ist halt überall so, brauchte ich noch ein paar Fackeln. Die Mädels sind dann schon mal zum Rodeln gegangen und ich zur City, um Fackeln zu besorgen. Auf dem Weg dorthin, hatte ich dann noch meine Große in ihrer Wohnung besucht, die mich dann begleitet hatte. Im Baumarkt wurden wir dann fündig. Jetzt brauchten wir nur noch einige Lebensmittel für das Wochenende. Doch irgendwie artete das dann in einem Großeinkauf aus. Wir standen dann da, jeder zwei Tragetaschen voll und die Tüte aus dem Baumarkt, die dann auch noch bis kurz vor der Reißfestigkeit gefüllt worden war. Auto war nicht, hat mein Großer, Busse fuhren wohl auch noch, aber nicht unbedingt nach Fahrplan. War ganz schön glatt auf den Straßen.

Da kam uns dann der Handyanruf meiner Kleinen gerade recht, die wieder in die Wohnung wollten. Da sie aber keinen Schlüssel hatte, auch keinen mehr bekommen wird, da sie ihren verschlammt hatte, mussten sie vor dem Haus warten. Nun, wir orderten sie zu uns hin, luden dann die Tüten auf den Schlitten und zogen unseren Einkauf so nach Hause. Wie schon vorher angeführt, ist so ein Winter bei uns eher die Seltenheit und unser Auftritt erregte schon einige Aufmerksamkeit, vor Allem die der Autofahrer, die uns ausweichen mussten, weil wir auf der Straße waren. Die Gehwege waren ja teils geräumt, was uns in diesem Fall nicht zu Gute kam.

Zu einem normalen Tagesablauf gehören selbstverständlich auch Mahlzeiten. Aber, wenn sie Kinder zu Gast haben – die Entwicklungsphasen spielen in diesem Fall keine so große Rolle – ist man verpflichtet, auch kindgerechte Mahlzeiten anzubieten (Einen interessanten Text über die Essgewohnheiten von Kindern findet sich auf der Seite meiner Freundin Nina Ryschawy: http://www.ninaryschawy.wordpress.com :Zeit für Gourmets oder:Spinat wächst nicht am Baum ). Meine Mädels, also die Große, die sonntags öfter zum Essen bei uns ist, und die Kleine werden von mir schon langsam an normales Essen gewöhnt. Anfangs gab es dann schon mal ein ieh oder iggit, dass ess ich doch nicht, bah, was ist das denn, doch diese Unmutsäußerungen werden immer seltener und mein Menüangebot schon mal etwas mutiger. Nur, wenn man fremde Kinder zu Gast hat, darf man das nicht. Man hat, besonders als alleinerziehender Vater schon einen Ruf zu verlieren, wenn man gesundes Essen anbietet. Wie schnell hatt man eine arme Kinderseele vergrault und vielleicht eine Freundschaft zwischen Kindern zerstört. „Da geh ich doch nicht mehr hin. Ich musste da was Gesundes essen“. Es gab also am Samstag Pizza. Aber nicht die aus der Werbung, die man in der Tiefkühltruhe findet, da bin ich doch etwas eigen, sondern selbst gemacht. So richtig aus Mehl, Hefe und Wasser ein Teig geknetet, ausgerollt, auf ein Blech gelegt und nach Wunsch belegt. Man will ja nichts verkehrt machen, was den Belag betrifft.

Hatte gedacht, die Mädels helfen mit. Man könnte ja was lernen, so für später, schadet ja auch nichts. Aber es ist wohl ein Ritual bei den Beiden, dass sie, wenn die Freundin zu Besuch ist, gemeinsam baden müssen. Jedenfalls, das Pizza backen blieb an mir hängen. War aber eigentlich auch gut so. Auch das Bad blieb entgegen früheren Besuchen noch in passablen und trockenem Zustand. Auch der Geräuschpegel war erstaunlicherweise im Bereich der Zimmerlautstärke.

Wie schon bemerkt, war der Abend für mich also ganz entspannt. So hatte ich mir dann auch gedacht, das Essen etwas ansprechend zu gestalten. Mir ist es eigentlich egal, wer bei mir zu Gast ist, aber ein nett gedeckter Tisch gehört für mich dazu. Hab ja keinen Schnellimbiss. Also ein paar Teelichter und Kerzen angezündet, Servietten usw. und den Tisch gebührend dekoriert. Es muss wohl beiden gefallen haben, kam auf jeden Fall keine dumme Bemerkung.

Um neun Uhr abends kam dann die Große und wir sind mit Schlitten und Hund und jeder mit einer Fackel ausgestattet Richtung Mechtenberg gegangen. Natürlich gehörten auch ein paar Abfahrten mit dem Schlitten und einer Plastiktüte, die Jemand dort vergessen hatte, dazu. Auch ich wurde genötigt, einmal zu rodeln. Wollte erst nicht. Mir war wohl etwas mulmig bei dem Gedanken, eine Abfahrt, von der doch in meinen Augen recht steilen Piste, zu wagen. In Gedanken sah ich mich schon mit verrengten und gebrochenen Gliedmaßen blutend im Schnee liegen. Ich fuhr dann mit gebremsten Tempo und es hat sogar Spaß gemacht.

Um Mitternacht waren wir dann zu Hause, genossen noch heißen Kakao und ich einen Kinderpunsch.

Den heutigen Tag begannen wir dann recht spät mit einem gemeinsamen Frühstück. Ist auch so eine „dumme Angewohnheit“ von mir. Weil das bei meiner Ex nicht üblich war, da machte sich jeder sein Essen, wann er es wollte. Aber meine Kleine hat sich an die neuen Umstände schnell gewöhnt und so ist es, vor allem an den Wochenenden und schulfreien Tagen, bei uns ein Ritual, dass wir immer gemeinsam essen. Sogar die Große kam pünktlich zur vereinbarten Zeit und so war es ein gemütlicher Vormittag.

Die Freundin wurde dann aber schon am Mittag abgeholt, so das ich das zweite Highligt der kindlichen Esskultur nicht mehr anbieten konnte, also Chicken Nuggets mit Pommes frites.

Ich bin dann noch mit dem Hund raus. Aus dem kurzen Gassi gehen wurde dann allerdings ein ausgedehnter Spaziergang. So ein Hund braucht ja auch seine sozialen Kontakte.

Aber wie in der Überschrift schon steht, so war es ein wirklich super Wochenende. Ich will jetzt auch nicht mehr viel schreiben. Wir haben es dann noch so verlebt, dass wir gemeinsam auf dem Keyboard Weihnachtslieder geübt haben und abends noch mal einen gemeinsamen Spaziergang mit unserem Hund unternommen hatten.

Ach so, gegessen haben wir natürlich auch, die Nuggets mit Pommes, den Kompromiss musste ich noch eingehen. Aber manchmal schmeckt Ungesund auch gut.

Gedanken über Weihnachten

Weihnachten, dass Fest der Liebe und Nächstenliebe?

Es geht mir jetzt nicht darum, irgendjemand das Weihnachtsfest und die Adventszeit oder die Freude daran zu verderben. Es sind meine Gedanken, die ich mir darüber gemacht habe und die den Einen oder Anderer auch ein wenig nachdenklich werden lassen sollten.

Ist es Liebe, wenn ich meinem Kind oder meinen Kindern jeden Wunsch erfülle? Die Werbung bringt einen da ganz schön in Zugzwang. Gerade vor Weihnachten wird schon den Kleinsten suggeriert, was sie sich wünschen müssen. Was ist dann mit denen, die da nicht mithalten können? Menschen mit geringem Einkommen.

Bevor ich diesen Bericht begonnen hatte, habe ich meiner Tochter diese Frage gestellt: „Stell Dir vor, wir hätten kein Geld und ich könnte Dir zu Weihnachten kein Geschenk machen. Was würdest Du Dir von mir wünschen?“ Ich gab ihr eine Stunde Zeit, um auf diese ernsthafte Frage eine ehrliche Antwort zu bekommen. Spontan kam dann ein „Nichts“. Doch nach relativ kurzer Bedenkzeit danach gab sie mir mit ihren elf Jahren diese Antwort, die mich, als alleinerziehenden Vater, zufrieden, aber auch glücklich machte; „Ich wünsche mir dann ganz viel Liebe von Dir, weil ich ja weiß, dass Du mich ganz doll lieb hast.“ Alleine schon die Tatsache, dass sie sich mit dieser Frage auseinandergesetzt hatte und dann noch diese durchaus emotionale Antwort, zeigt mir, dass ich hier einen kleinen Menschen habe, der Verstand und viel Herz hat.

Aber wie viele Väter, Mütter oder Eltern gibt es, denen ihre Kinder das Jahr über nicht so wichtig sind und für die das Geschenk an Weihnachten nur dazu dient, ihr Gewissen zu entlasten. Da wird der Wert des Geschenks dann daran gemessen, an der nicht vorhandenen Zuneigung, Zeit und Liebe.

Gerade zu Weihnachten besinnt man sich darauf, dass es noch andere Menschen gibt, außer denen, die uns direkt umgeben. Verwandte, Alleinstehende. Ist es nicht meistens ein „Muss“, wenn Tante A. oder Onkel B. nebst Anhang eingeladen werden. Warum muss dann das Menü so opulent ausfallen? Will man zeigen, wie gut es doch einem geht? Oder erliegt man der Manipulation der Werbung, die uns gerade zu den Festtagen massiv beeinflussen will?

Den Alleinstehenden, den man in der Familie hat, und den man dann, natürlich in bester Absicht, zu Weihnachten einlädt, ist auch das ganze Jahr über alleine. Besinnt man sich dann vielleicht der Nächstenliebe, um so sein Gewissen zu beruhigen? Man hat ja dann seine Pflicht und Schuldigkeit getan.

Und die anderen, die Menschen, die ganz alleine sind? Die keine Verwandten mehr haben? Die auf der Straße leben? Dafür sind doch immer die anderen da. Dafür hat man doch ein paar Euro gespendet. Gerade vor Weihnachten, ist man doch in bester Spendenlaune. Da kann sich dann Caritas, Diakonie, Rotes Kreuz und andere Sozialträger um die kümmern, die durch das soziale Netz unserer Gesellschaft gefallen sind. Apropos, warum gibt es in der Weihnachtszeit so viele Suizidversuche? Weil es den Menschen gerade jetzt so gut geht? Da gilt mein Lob und Respekt, den Menschen, die an Heiligabend ihre Zeit schenken, um denen eine Weihnachtsfeier zu ermöglichen, die sonst vor Einsamkeit verzweifeln würden,

Wenn ich gerade das Thema Weihnachtsfeier angeschnitten habe, so will ich nicht vergessen, die Weihnachtsfeiern zu erwähnen, die in Firmen, Dienststellen usw. veranstaltet werden. Ist es nicht oft so, dass man dann Teamgeist vorgaukelt, der das ganze Jahr über nicht stattfindet. Im Gegenteil, da wird gemobbt und schikaniert, auf Teufel komm raus. Ist dann eine Weihnachtsfeier mit dem Chef die Entschädigung dafür? Das Weihnachtsgeld, wenn es denn welches gibt, sehe ich dann als Schmerzensgeld für psychische Erkrankungen, die daraus resultieren.

Beim Thema Chef und Firma fällt mir dann gleich das Weihnachtsgeschäft ein. Hier wird Weihnachten in Prozent gerechnet. Da bekommt das „Kling Glöckchen, kling“ doch gleich eine andere Bedeutung. Nicht davon zu reden, von den leuchtenden Augen, die dann heller strahlen, als die der Kinder vor dem Weihnachtsmann, der engagiert wurde, um potentielle Kunden in die Geschäfte zu locken. Die Medien geben es auch immer rechtzeitig bekannt: „Letzter verkaufsoffener Samstag vor Weihnachten eine Zunahme des Umsatzes um X%.“ Wer davon was hat, weiß man. Die Geschäftsleute und Konzerne. Wer nichts davon hat, sind doch die, die sich in der Vorweihnachtszeit die Füße wund stehen, bei denen das Familienleben dann Richtung 0% geht.

Bei denen dann zu Weihnachten die Luft raus ist und die nur noch Ruhe brauchen, die sie dann aber nicht immer bekommen, weil ja die Familie ihre Ansprüche auf ein standesgemäßes Weihnachtsfest hat.

Als Entschuldigung und Rechtfertigung kommt dann aus den Chefetagen meistens die Ausrede, dass man ja mit der Mehrbelastung der Mitarbeiter Arbeitsplätze erhalten will. Da wird dann Loyalität der Angestellten vorausgesetzt. Allerdings, auf dem Kündigungsschreiben, dass dann eventuell, wegen mangelndem Umsatz im laufe des Jahres, ins Haus flattert, steht dann kein „Danke“, danke dass wir sie vor Weihnachten ausbeuten durften. Ein etwas skurriler Akt der Nächstenliebe.

Wer jetzt der Ansicht ist, so ein Verhalten existiert nur in der freien Wirtschaft, den kann ich des Besseren lehren. Selbst inBetrieben von caritativen Einrichtungen, war oder ist es immer noch der Normalfall, dass wirtschaftliches Denken vor humanem Handeln gilt. Da gilt Umsatz vor dem christlichen Gedanken des Weihnachtsfestes. In meinen Augen ist in diesem Zusammenhang der Begriff „Nächstenliebe“ dann eine Farce und eine Verhöhnung des Sinns der Weihnachtszeit.

Aber was ist der Sinn der Weihnachtszeit? Wenn nicht eine Gewissensangelegenheit, wie Oben beschrieben? Wenn nicht nur eine Sache von Umsatz und Profit? Von Protzerei und Völlerei?

Ist es nicht der Geburtstag von Jesus Christus, den wir feiern? Ja klar, machen wir doch auch. Wann sind die Kirchen nicht voller, als zu Weihnachten? Ist man denn nur zu Weihnachten ein gläubiger Christ? Und das ganze Jahr über? Es ist doch eher Traditionsgehabe, dass Heiligabend und Weihnachten die Kirchen füllt. Sogar zur Mitternachtsmesse geht man, falls man nicht durch übermäßige Mahlzeiten und Alkoholgenuss, der oft dazu gehört, wie das Amen in der Kirche, körperlich noch dazu in der Lage ist.

Noch etwas zum Glauben und das nicht unbedingt nur zur Weihnachtszeit. Es gab oft Gelegenheiten, dass ich mich mit diesem Thema auseinandergesetzt habe. Bin ich nur gläubig oder verhalte mich christlich, wenn ich, wenn möglich regelmäßig, in die Kirche zum Gottesdienst gehe? Da sehe ich schon für mich des Pudels Kern, in dem Wort Gottesdienst. Den Begriff Dienst sehe ich in Zusammenhang mit der Definition Pflicht. Ist es also eine Pflicht, gläubig zu sein? Natürlich war ich schon öfter in der Kirche, in vielen Fällen war es dann auch Pflicht, etwa bei Hochzeiten, Kindstaufen, Beerdigungen und aus Tradition zu Weihnachten.

Ist die Kirche denn nicht nur ein Gebäude, in dem Geistliche, die doch auch nur Menschen sind, mich etwas lehren wollen, wo ich nicht weiß, ob sie sich auch daran halten? Sind Priester nicht die gleichen, die in der Kirche von der Kanzel predigen, dass man nicht töten soll und die dann hingehen und Waffen segnen? Was erwartet mich dann in einer Kirche? Eine spirituelle Eingabe und Erleuchtung? Als Protestant hatte ich einmal an einem Gottesdienst im Dom zu Xanten teilgenommen. Nur, um zu erfahren, ob ich hier vielleicht etwas spüren würde. Eine Nähe zu Gott? Es heißt doch, dass man in der Kirche Gott nahe ist. Wer sagt mir denn, dass mein Glaube der Richtige ist? Die Priester, die dafür bezahlt werden?

Es gibt keinen richtigen oder falschen Glauben. Ob Christen, Judentum, die ihrem Glauben nach, nach dem Alten Testament leben, Muslime, bei denen Gott Allah heißt, Buddhisten oder andere Glaubensrichtungen, dass Wichtigste ist der Glaube an das Gute in den Menschen und der Respekt vor ihnen.

Denn wenn es stimmt, dass Gott die Menschen nach seinem Antlitz schuf, ist in jedem Menschen ein Teil von ihm vorhanden. Und daran mache ich meine Gläubigkeit fest.

Darum ist es für mich wichtig, dass es Menschen, die mir Nahe sind, gut geht und ich für sie da bin, wenn es ihnen schlecht geht. Denn ich durfte auch erfahren, als es mir nicht gut ging, ein Mensch war, der mich wieder aufgerichtet hatte. Da hätte mir kein Pastor oder Kirche helfen können.

Es ist die Liebe und Nächstenliebe die ich praktizieren kann und die mir immer wieder widerfährt. Und das jeden Tag und nicht nur zu Weihnachten.

Schwarz

Alles ist schwarz. Um mich herum. In mir. Ich weiß nicht wo ich bin. Ich weiß nicht wer ich bin. Ich stecke in einer zähen, stinkenden Masse, die undefinierbar ist. Man kann sie nicht sehen, aber ich fühle sie. Obwohl sie keine äußerlichen Wunden hinterlässt, bereitet sie starke Schmerzen. Es ist mühevoll sich in diesem grässlichen resistentem Schleim voran zu bewegen. Es ist schweißtreibend und ermattend. Das Vorankommen ist schleppend. Manchmal friere ich, dass ich meine, mein Körper würde von dem Eis in mir zerbersten. Dann wiederum wird es mir so heiß, dass ich meine im Höllenfeuer in Flammen zu stehen. Der Gestank ist übel, aber ich schaffe es nicht, mich aufzuraffen, um diesen unerklärlichen Ort zu verlassen, der so ganz anders ist, als das Bekannte was man sein Eigen nennt. Wenn ich mich dann aufbäume, sinke ich wieder ziemlich schnell in den ekelhaften Schlamm zurück. Dann passiert es, dass man eine Wand erreicht. Auch sie ist mit ätzender, zäher Flüssigkeit bedeckt, deren Name bekannt ist, aber nur derjenige es weiß, wie es sich anfühlt, wenn er langsam zuerst die Hände bedeckt und dann den ganzen Körper. Ich taste mich an der Wand entlang, es ist schmerzhaft, aber ich will hier raus. Alles schreit in mir, weg, raus aus diesem Albtraum, der doch Realität ist.

Um mich herum sind Menschen, denen geht es genau so wie mir. Doch die Menschen, die auch an diesem Ort und dieser Ort in ihnen ist, kann ich nicht sehen in der Dunkelheit. Aber ich weiß, dass sie da sind. Da ist ein Mädchen, ihr geht es auch nicht gut an diesem Ort. Sie weint viel. Dann ist da eine Frau, die versucht dem Schrecken, der hier herrscht, durch aggressives Verhalten zu entfliehen. In der Schwärze kann ich es nicht sehen, aber ich spüre es. Ihre Gewalt und doch Hilflosigkeit dem gegenüber, was sie nicht verhindern kann. Dann ist dort ein Mann, dem macht das alles so zu schaffen, dass es ihm die Stimme lähmt. Man kann ihn kaum hören, aber er ist auch da. Die eine Frau meint, wenn sie Kraft zeigt und wenn sie lächelt, dass auch die Kraft in ihrem Inneren ist. Doch die schwarzen Wände der Nacht, die hier herrschen, drücken ihr die Kraft aus dem Leib. Dann ist da noch ein Mann. Er ist mir unangenehm. Warum ist er hier? Existiert für ihn die Dunkelheit nicht? Ich weiß nicht, ob ihm bewusst ist, dass er manchmal ein Vorankommen der anderen und mir verhindert. Nur, diese Menschen sind nicht wichtig für mich. Die Begegnung mit ihnen spüre ich nicht.

Doch dann ist da noch ein Mensch, der ist anders als die anderen. Manchmal stoßen wir in dem Dunkel zusammen. Bei den anderen ist es mir gleichgültig. Doch wenn ich mit diesem Menschen zusammenkomme fühle ich mich wohl. Die Dunkelheit ist zwar noch immer da, auch das Rätsel um Sein, Wo und Warum besteht noch immer. Auch die Schmerzen, die der Schlamm verursacht. Jedoch sie sind zu ertragen.Wir kommen uns näher, immer öfter und manchmal verschwindet meine Angst, nie wieder aus diesem Gefängnis von dunkler Seelenqual zu entkommen. Aber in diesem Meer, dass nicht aus Wasser besteht, sondern aus Tränen und Fließsand, aus maroden Gedanken, halten sich Wesen auf, die das Dunkel noch unerträglicher machen. Es sind Schlangen, die ihr Gift des Misstrauens in unsere Seelen spritzen. Dann driften wir wieder auseinander. Doch die Qualen die dieses Serum, gebraut aus der Düsternis des Unterbewussten, sind so brennend wie die Lava eines ausbrechenden Vulkans. Und je weiter wir uns voneinander entfernen, um so stärker werden sie.

Aber wie kann man es nennen, wenn das Dunkel noch dunkler wird und das Schwarz noch schwärzer? Es kommt mir vor wie ein Schritt vor dem Tod. Alles verdichtet sich noch mehr, so wie eine Sonne ihr Licht verblassen lässt und nur noch ein lebloser toter Felsen im All bleibt. Wie eine Essenz des tödlichsten Gifts.

Wenn ich vorher schon blind war, gelähmt, wie nennt man diesen Zustand dann jetzt? Aber der Mensch, der mir nahe war, der mir nahe ist, der mir wichtig war, der mir wichtig ist, der ist auch da, neben mir, an der gleichen Stelle. Die Frage nach dem Wo, wo sind wir, wo können wir noch hin, nach dem Wer, wer war ich, wer bin ich, wer werde ich noch sein, ist auf einmal alles was uns ausmacht. Dann glaube ich zu wissen, nein, ich weiß es, dieses Dunkel so erträglich zu machen, dass man damit umgehen kann. Vielleicht, irgendwann werden wir einen Weg herausfinden. Aber es geht erst einmal darum der Kloake den Gestank zu nehmen.

Es war Ehrlichkeit die wir uns entgegengebracht haben und mit der wir es gemeinsam geschafft haben und schaffen werden, einen Weg zu finden, damit jeder von uns, für sich sein innerstes Sein zu finden, mit dem er zufrieden Leben kann.

Anfangs war es Liebe, die mich zu diesem Menschen führte. Aber hätte uns Liebe aus dieser lähmenden Pein retten können? Wie oft wird dieses Wort missbraucht. Was ist das für eine Liebe zwischen Paaren, wenn der Eine den Anderen verletzt, mit Worten oder Taten? Was ist das für eine Liebe, wenn eine Mutter ihr Kind nicht die uneigennützige Zuneigung entgegenbringt? Was ist das für ein Gott der Liebe, der so etwas zulässt? Der zusieht, wenn der Bruder den Bruder tötet, wenn Hunger und Armut herrschen und Herrscher sich Göttern gleichstellen?

Hätte uns Freundschaft, die manchmal hochgepriesen, unser Anker des Schiffs der bitteren Fragen sein können. Freundschaft eine Anschauung, die manchmal getreten wird, mit dem Fuß des Neides, die manchmal ersoffen wird mit der schalen Flüssigkeit der leeren Versprechungen, die erwürgt wird mit dem Egoismus der Gleichgültigkeit.

So konnte uns nur ein Tau, geknotet aus Ehrlichkeit, in ein Boot aus besonderer Zuneigung, Achtung und Respekt retten.

Doch das Boot hatte ein Segel, dass den Wind der Klarheit einfing. Und dann sah ich diesen Menschen. Und ich hoffe, dass sich keine Schlange mit an Bord kriechen konnte und versucht ihr Gift zu verspritzen, dass die Ehrlichkeit verhindert hat, dass sich Ohren und Herz und Seele wieder verschließen.

Denn was ich sah, sah ich nicht nur mit meinen Augen und das war von liebenswerter Schönheit. Das sah ich auch nicht nur mit dem Herz und das war ihr Herz, voller Wärme, die das Eis der Bitternis zum Schmelzen bringt.

Denn dann sah ich in ihre Seele, und was ich sah, war einfach nur gut, ich sah nichts Dunkles, es war etwas von wahrhaft besonderer, klarer Schönheit.

Einen wertvolleren Menschen habe ich bisher noch nie getroffen. Und dieser Mensch hat das Recht, dass man ihn nie verletzen darf, sondern er ist zu schützen, mehr als der teuerste Diamant der Welt. Denn dieser Mensch ist einzigartig.

Und wenn ich den Begriff Freundschaft anders definieren will und es Ehrlichkeit nenne, so bin ich stolz und unendlich glücklich in solcher Freundschaft eingebunden zu sein.

Da bleibt die Frage nach meinem Sein – wer bin ich? – für mich nicht mehr so wichtig.

Sizilien

Letzten Sonntag erreichte mich auf meinem Handy eine seltsame SMS. „Kennst Du Sizilien, das ist gut für Dich“. Kein Punkt, kein Fragezeichen, kein Ausrufezeichen. Was habe ich mit Sizilien am Hut? Ich war noch nie dort und profundes Wissen über diese landschaftlich, malerische Insel kann ich auch nicht mein Eigen nennen. Obwohl, ich hatte schon einmal einen Artikel über das Theatro Massimo in Palermo für eine Zeitschrift publiziert. Das ist nun meine einzige Verbindung, wenn es um Kenntnisse über Sizilien gehen soll. Spontan fiel mir dann auch noch der Ätna ein. Ziel zahlreicher Sizilien-Besucher. Bliebe noch die sizilianische Geschichte, doch da müsste ich mich noch etwas hineinarbeiten. Punische Kriege usw.

Will mich der Absender dieser Zeilen etwa für ein Quiz im Fernsehen anmelden? Dafür sind meine Sizilien-Kenntnisse etwas zu spartanisch. Aber wenn der Adressant eventuell gerade diesen Artikel gelesen haben sollte, so hat er vielleicht angenommen, dass ich etwas über italienische Opernmusik wissen muss. „Wer schon etwas über ein Opernhaus schreibt, der muss auch Kenntnisse von dieser Materie haben!“ „Es wurde ja auch nicht nur über das Bauwerk geschrieben, sondern auch über Aufführungen und Sänger.“ Da diese Musikrichtung eine Liebhaberei von mir ist, so hätte ich da keine Probleme, mein Wissen testen zu lassen. So gehören die italienischen Komponisten wie Bellini, Donizetti, Rossini, Puccini, Verdi…Da fällt mir ein, dass Verdi ja eine Oper komponiert hat, die den Titel „die Sizilianische Vesper“ trägt. Hatte dann mein CD-Laufwerk mit einem Silberling, der den Titel dieses Werkes trägt, bestückt. Ich hatte gedacht, die Töne würden mich inspirieren und mir ein Geschenk in Form einer Antwort liefern. Die Musik ist schon grandios, kraftvolle Strettas, Arien und Duette. Halt so, wie man Verdi kennt. Sie ist wohl nicht so bekannt, wie die anderen großen Opern, die Verdi komponiert hatte, Aida, Nabucco, La Traviata und Rigoletto. An dieser Stelle fiel mir dann aber doch noch etwas zu Sizilien ein. Die Eröffnungspremiere des Theatro Massimo wurde mit der letzten Oper Giuseppe Verdis aufgeführt. Es war Falstaff, wobei, eigentlich wäre es doch angemessen gewesen, seine Sizilianische Vesper aufzuführen, um dem Lokalpatriotismus gerecht zu werden.

Kleine Anmerkung am Rand. Die Sizilianische Vesper war ein Auftragswerk zum Anlass der Weltausstellung in Paris. So wurde diese italienischste aller italienischen Opern am 13.Juni 1855 in Paris uraufgeführt. Fern der italienischen Heimat und Palermo – Va‘, pensiero, sull’ali dorate.

Wäre es von dem Absender dann aber nicht sinniger gewesen, wenn der Inhalt der SMS so gewesen wäre, dass er darauf gezielt hätte, ob ich italienische Opern kenne?

Doch es ging immer noch um Sizilien. So rätselte ich weiter.

Hatte man mich als Telefonjoker für Wer Wird Millionär gewählt. Da sollte man doch lieber gleich das Publikum befragen. Es stellte sich mir dann auch die Frage, wenn die Wahl mich getroffen hätte, müsste man mich dann nicht anders kontaktieren, um ein solches Ersuchen persönlich zu erörtern.

Hatte mich etwa Fortuna ausgewählt? War es eine Benachrichtigung über eine im Preisausschreiben gewonnene Reise nach Sizilien? Oder war es so, dass ich in näherer Auswahl potentieller Gewinner war, der nur noch das richtige Lösungswort wissen musste? Doch ich konnte mich beim besten Willen nicht daran erinnern, irgendetwas in Richtung Preisausschreiben gemacht zu haben.

Doch was solche Sachen angeht, Versprechungen auf irgendwelche Gewinne, die zum Teil in Millionenhöhe avisiert werden, oder die Chance auf ein Einfamilienhaus, landen bei mir, wenn sie auf dem Postweg verschickt werden, gleich in den Abfall. Mit Anruferinnen, die von irgendwelchen Callcentern versuchen mich zu ködern, erlaube ich mir schon mal den Spaß, sie reden und reden und reden zu lassen, bis sie meinen mich in der Falle zu haben. Über meine plötzliche Ablehnung auf einen so lukrativen Gewinn reagieren sie dann meistens irritiert, konsterniert oder empört. Letztendlich sollte doch jeder mittlerweile wissen, dass keiner was verschenkt. Außer Oma zu Weihnachten und zu den Geburtstagen. In den meisten Fällen geht es doch nur um das Abo irgendeiner Zeitschrift oder um den Vertrag bei einer Glückslotterie. Wie die Damen dann am Telefon beteuern, dass sie doch nur mein Bestes wollen und das im wahrsten Sinn des Wortes. Im Grunde genommen geht es ihnen nur um mein Geld. Das andere Beste wollen sie wohl nicht. Macht nichts, man weiss ja nicht wer am anderen Ende der Leitung sitzt. Hat mich auch noch keine darauf angesprochen. Ich glaube, da muss man dann selber anrufen 0190…. Belastet aber auch das Konto.

War das jetzt etwa eine neue Methode, solche Gewinnversprechungen per SMS zu verschicken?

Da hatte ich mich die ganze Zeit mit dieser unverständigen SMS beschäftigt, anstatt mal auf den Absender zu sehen. Um es gleich zu formulieren, es war keine Einladung zu irgend einer Sendung im TV, die allgemeines Wissen über Sizilien voraussetzte, um eine Teilnahme bei einer Quizshow zu gewährleisten. Ich war auch nicht als Telefonjoker bei Wer Wird Millionär angedacht; weder zum Thema Sizilien, noch über spezielle Kenntnisse über italienische Opern und deren Komponisten. Es hatte auch überhaupt nichts mit einem Gewinn aus einem Preisausschreiben zu tun, es war auch nichts, das man dem Thema, Nepper, Schlepper Bauernfänger hätte zuordnen können.

Der Absender war Jemand aus meiner Vergangenheit, mit dem ich keine Interaktionen mehr pflege!!! Na, schon eine Ahnung? Solche Altlasten werden gerne auch „das Ieh“ genannt. Kommt von igitt igitt. Mit der Option: „Igitt, lass mich bloß in Ruhe!“

Wobei es bei einer Interpedenz doch so sein sollte, dass man sich wenigstens inhaltlich verständigen kann. Doch so diffus diese Aussage anfangs auch war, so habe ich mittlerweile gelernt, solche Botschaften mir begreiflich zu machen. Meistens werden solche Unterrichtungen dann auch noch in unzurechnungsfähigem Zustand auf die Reise geschickt. Man kann das leicht an grammatikalischen Inkorrektheiten feststellen oder es kann auch passieren, dass man erst einmal die Buchstaben ordnen muss, um ein verständliches Wort zu erhalten. War da aber erstaunlicherweise nicht so gewesen.

Aber ich will jetzt ein wenig Spannung aus der Geschichte nehmen und die Lösung des Rätsels darlegen.

Im Grunde genommen steckt hinter der ganzen Sache eine kognitive Dissonanz, mit der der Absender, die Gute ihre Schwierigkeiten hat. So war es auf einer Nachfrage ihrerseits, die eigentlich schon mehr anordnenden Charakter hatte, ein Nein meinerseits, dass solche Reaktion hervorrief. Dazu muss ich mich verständlich machen, um den Zusammenhang einer Negation und das Wissen über Sizilien zu verdeutlichen.

Da die Absenderin – ich erlaube mir jetzt von der maskulinen Wortwahl Abstand zu nehmen, da mittlerweile bekannt sein muss, dass es sich bei dem Absender der SMS um eine Person weiblichen Geschlechts handeln muss – von verwandtschaftlicher Seite mit Sizilien involviert ist, der Auffassung ist, dass alle Italiener in der Mafia integriert sind, die dann selbstverständlich ein Augenmerk auf die Familienehre haben, wo solch Verhalten, dass schändliche Betragen sich eine Ablehnung zu erlauben, für einen, wenn auch weitläufigen Verwandten nichts Anderes bedeuten kann, die Vendetta als angemessene Strafe zu wählen. Selbstverständlich mit vollster Zustimmung der Absenderin, die Ultima Ratio so schnell wie möglich zu initiieren.

Man mag erstaunt sein, dass man bei Kontroversen solchen Art, gleich mit Androhungen solcher Tragweite zu reagieren kann.

Da kann ich zu guter Letzt nur noch etwas mit auf den Weg geben. Wenn sie bei sich oder in ihrem Bekanntenkreis, irgendwelche Parallelen sehen und irgendwelche diffusen SMS erhalten, welche die Intention haben: „Wenn du nicht machst was ich will, dann kommt ein Auftragskiller und wird das Problem schon lösen!“, dann sollten sie dem Absender oder der Absenderin solchen Schwachsinns, die Empfehlung aussprechen, doch einen Facharzt für Psychiatrie zu konsultieren. Denn mit einer ausgeprägten paranoiden Schizophrenie ist nicht zu spaßen. Selbst ohne einer solche Diagnose wäre es doch unlogisch, wenn man den umbringen lässt, der einem nicht helfen will. Wenn der das Zeitliche gesegnet hat, wer soll denn dann die Hilfe leisten?

Der Killer???

Vater und Töchter

Jetzt ist sie weg, meine Große. Irgendwann würde dieser Tag kommen, das war mir durchaus bewusst. Aber dann ging es auf einmal ganz schnell. Sie fehlt mir. Eigentlich war es keine so lange Zeit, die sie bei mir und der Kleinen verbrachte. Am 2. Juni, einen Tag vor Fronleichnam zog sie mit ihrer Katze bei uns ein, oder besser gesagt, bei der Frau die sie geboren hatte, aus. Ich weiß, wenn ich sie in dieser Beziehung als Mutter bezeichnen würde, würde ich sie damit schwer treffen. Aber als es an diesem besagten Tag mit dem zusammen wohnen nicht mehr passte, war es für mich kein Thema, dass sie bei mir einzog. Geplant war von ihr allerdings, dass sie sich über kurz oder lang eine eigene Wohnung anmieten würde. Es war ja nicht immer eitel Sonnenschein zwischen uns beiden. Nach meinem Auszug mit der Kleinen aus der ehelichen Wohnung, gab es schon herbe Reibereien zwischen uns. Es ging um Unterhalt. Später gab sie dann zu, dass sie von meiner Verflossenen in dieser Richtung gegen mich manipuliert gewesen war. Wir konnten uns dann aber schnell einigen, die Große und ich.

Nur, es war kein langer Aufenthalt geplant. Doch die Wohnungssuche gestaltete sich nicht als ganz so einfach. Und je länger sie bei uns war, um so mehr bekam unser Zusammenleben eine Struktur. Sie machte unser Zuhause nach ihrer Ansicht nach etwas wohnlicher, indem sie meine Ordnung etwas auf den Kopf stellte. Auch ihre Katze konnte sich mit mir nicht so recht anfreunden. Ich bin halt mehr der Hundetyp, der zwar Katzen generell nicht ablehnt, aber sie finden keinen Zugang zu mir. Aber ich sagte mir, dass es nur Belangloses war, an dass ich mich langsam gewöhnen konnte.

Viel wichtiger sind es die Gespräche, die wir führen; mit Niveau und von Qualität. Unsere Themen gehen meistens über Kunst und Literatur. Intentionen von Gedichten, Texten und Geschichten waren häufig ein Anlass von Diskussionen. Manchmal sind wir einfach nur gute Freunde, die zusammen einkaufen – in letzterer Zeit waren unser Ziele meistens Baumärkte und Einrichtungsläden – gehen, dabei unheimlich viel Spaß haben und gerne lachen.

Als Vater habe ich auch zu jeder Zeit ein offenes Ohr für sie und der Kleinen, wenn es bei der Großen dann um Beziehungsprobleme mit Exfreunden oder neuen Liebesverhältnissen geht, so braucht ihre Schwester dann meistens Zuwendung wenn es in der Freundschaft mit der besten Freundin kriselt oder es Stress in der Schule gab. Bei kleineren Verletzungen bin ich dann auch für die medizinische Versorgung zuständig. Was den Kleidungsstil dann aber angeht, so ist die Große dann der bessere Tutor und Archetyp. Es wäre jetzt unglaubwürdig und unrealistisch, wenn ich behaupten würde, dass sich beide immer super toll verstehen würden. Bei Zwistigkeiten zeigt die Große dann, wo die Grenzen liegen. Da ich mich aus solchen Querelen heraushalte, finden beide wieder schnell zueinander.

Es gibt wohl den Ausspruch: wenn Zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Aber es war dann schon mal so, dass ich sagen konnte: wenn Zwei zusammenhalten hat der Dritte, in diesem Fall ich, schlechte Karten. Aber psychologisch-pädagogische Grundkenntnisse haben mich dazu bewogen, diesen Zusammenhalt noch zu fördern, indem ich sie für eine vermeintliche Übertretung, so belohnt habe, dass ich ihnen zwei gleiche Röcke gekauft hatte, damit sie ihre Solidarität auch äußerlich unter Beweis stellen konnten.

Nur wenn es dann darum geht, dass ich auch Interessen in Richtung einer Beziehung habe, so gehen die Ansichten konträr auseinander. Während die Große mir ein neues Liebesverhältnis wünscht, so besteht bei der Kleinen der Standpunkt, dass, wenn ich eine neue Liebesbeziehung eingehen würde, es für sie eine neue Mutter sein würde. Ich bin jetzt auch ihr wichtigster Pol in ihrem Leben, auch wenn sie schon weit aus dem Kindergartenalter heraus ist, wo man den Papa heiraten möchte. Es sind ihre wenigen Lebensjahre, die sie nicht verstehen lässt, dass auch ich mich nach einer Beziehung sehne, die mir glückliche Momente beschert. Dass auch ich wieder in einem Arm liegen kann, in dem ich abends einschlafe und morgens aufwache. Einfach das gute Gefühl der Zusammengehörigkeit.

Aber was macht es aus, dieser innige Zusammenhalt, den Väter mit ihren Töchtern haben, die in meinem und der Großen eine Allianz bilden gegen die Erzeugerin der Kinder, die manche Mütter eifersüchtig werden lassen? Vielleicht ist es so, dass es die ähnliche feminine Äußerlichkeit ist, die eine Frau und Mutter in den jungen Jahren einer Ehe hatte, gepaart mit den gemeinsamen und eigenen Charakterzügen und Eigenschaften. Die Große zeigt zum Beispiel starkes soziales Engagement, hat den gleichen Tick für Grünpflanzen in der Wohnung und die Kleine ist mir eine interessierte Partnerin, wenn wir in die Oper gehen. Auch meine Faible für die Berge und Bergwandern teilt sie mit mir.

Aber jetzt ist die Große raus. Auch die Kleine ist darüber nicht ganz glücklich.Schränke sind leer, im Bad ist jetzt wieder reichlich Platz. Allerdings ist das Angebot an Körperpflegemittel für die Kleine ganz gewaltig geschrumpft. Die Kratzbäume und Futternäpfe der Katze sind auch schon in ihrer neuen Wohnung. Auch die Katze ist weg. Komisch, fehlt mir auch irgendwie. Sie wohnt wohl ganz in der Nähe, eine Haltestelle weit entfernt, hat noch einen Schlüssel – ich hab auch einen von ihr -, und ist bestimmt noch oft bei uns. Trotzdem, es ist ein Loch, dass sie hinterlässt. Als sie dann raus war, hätte ich weinen können. Doch ich kann keine Tränen zeigen, es scheint so, ich habe keine – ein Junge muss stark sein und darf nicht weinen – , doch wenn ich traurig bin, so weine ich nach Innen. Und dann ist das Fass mit den schlechten Gefühlen, Demütigungen und anderen negativen Einflüssen schnell voll und läuft dann über. Dann weiß ich, dass meine Stärke nur eine bröcklige Fassade ist, hinter der die Depression steckt, die mich in ihr schwarzes Verließ zieht.

Voll daneben!

Voll daneben begann mein heutiger Tag und auch der Strart mit WordPress. Ich hätte es besser wissen sollen und meine Regestrierung auf Morgen verschieben sollen. Trotzdem, ich versuche einfach mal, einen Text hinzubekommen. Schreibtechnisch kein Problem für mich, da ich schon einige Artikel veröffentlicht habe. Nur, ihn hier erscheinen zu lassen, hat mir schon einige Schweißperlen auf der Stirn verursacht. Aber jetzt lege ich einfach mal los:

5:45 Uhr der Wecker klingelt > mach ihn aus und bleibe liegen

5:54 Uhr der Wecker klingelt > mach ihn aus und bleibe liegen

6:03 Uhr der Wecker klingelt > mach ihn aus und bleibe liegen

Um aus der ganzen Sache die Spannung zu nehmen:

Habe mich dann um 6:33 Uhr aus dem Bett gerollt und bin in Richtung Bad gekrochen. Tür war zu, die Große war in der Wanne. Vor der Tür dann die ersten gymnastischen Übungen nach dem Bodysong: „Ich hab Sehnsucht zum Klo“. Fünf bange Minuten, bleibt der Boden trocken? Dann rein ins Bad. Wasser raus > körperlich, Wasser raus > aus der Wanne. Wasser rein. Kaffee rein > in meinem knurrenden Magen.In die Wanne rein. Die Große muss rein. Ins Bad, nicht in die Wanne, da muss ich raus. Ich raus, aus der Wanne und dem Bad. Jetzt ist der Boden doch nass. Die Große rein ins Bad. Frauensachen machen. Ich rein, ins Schlafzimmer, es ist 6:50 Uhr, die Kleine wecken. Sie gibt irgendwelche Grunzlaute von sich, die ich nicht so richtig verstehe. Die Große raus aus dem Bad, ich wieder rein. Irgendwie habe ich es dann geschafft mich anzukleiden.

7:10 Uhr Die Große raus aus dem Haus. Jetzt noch einmal die Kleine geweckt. Wieder irgendwelche Laute in einer Sprache, die mir unbekannt ist. Vermute es sollte Ja heißen.

7:15 Uhr Verpflegung der Kleinen für die Schule gemacht. Kein Saft mehr da.

7:20 Uhr Eine Sensation: die Kleine ist aufgestanden. Ich habe es an dem Freudengejaule vom Hund gemerkt. Schnell noch einen Kaffee heruntergestürzt. Anweisungen an die Kleine: Hund füttern und Gassi gehen.

7:30 Uhr Letzte Kontrolle: Kaffeemaschine ist aus. Radio ausmachen. Allerletzte Anweisungen an die Kleine.

7:36 Uhr Endlich aus dem Haus. Schnelle Gangart Richtung Klinik.

7:58 Uhr Geschafft. Es hat zwar nicht geregnet, aber ich bin nass > unter der Kleidung vom Schwitzen.

Gehe in die Küche N nicht da. Hat vielleicht verschlafen. Sch… kommt heute nicht. Der Deprizustand steigt von 4 auf 12 von 10 auf der aktuellen Traurigkeitszustandsskala.

Irgendwer macht die Therapie für mich. Höre mich zwar reden, aber ich kann mich nicht verstehen.

12:30 Uhr Das Highlight des Tages: Massage in der Bäderabteilung

13:00 Uhr Termin bei der Ärztin.

13:20 Uhr Ärztin muss zum Chef. Ich  bleibe.

14:55 Uhr Ärztin ist immer noch beim Chef, ich in aggressivster Stimmung. Verlasse die Klinik. Sch… der Bus fährt mir vor der Nase weg. Werfe die schlimmsten Schimpfwörter hinterher. Man sieht mich seltsam an. Liegt wohl daran, wo ich gerade herkam. Gehe dann zur U-Bahn. Bin wieder nass, aber jetzt von außen.

15:30 Uhr Bin zu Hause. Die Kleine nicht da, bekomme SMS, dass sie bei einer Freundin ist. Die Große schläft. Wohl der Schulstress oder schlechte Nachrichten aus dem Internet. Ich schlucke. Die Küche sieht aus wie ein Schlachtfeld. Kein Blut, aber reichlich schmutziges Geschirr. Habe natürlich keine Spülmaschine, die Große ist ja nur Gast auf Zeit und für Zwei, geht das auch in Handarbeit. Also Ärmel hoch und Wasser rein. Ins Spülbecken.

Das nächste Desaster. Der Große ruft an. Mein Auto, dass ich ihm geliehen habe ist in der Werkstatt. Panik! Unfall? Nein, nur irgendein Schaden mit dem Gas. Kosten? So ca. 300€. Übernimmt der Große. Dann ruft die Kleine an: „Bin noch am Bahnhof. Meine Schuhe sind kaputt. Hol mich ab.“ Wie denn, ohne Auto? Sie ist empört. Ist mir aber gleich. Die Große schläft noch immer. Ich gehe an den PC. Schreibe Nachricht an N. Lese meine Mails. Ein Wunder, sensationell, mein Artikel, den ich gestern verschickt hatte, war für gut befunden. Hätte ich nicht so gedacht, weil er etwas kritisch war. Jetzt Vorsatz gefasst und mich bei WordPress angemeldet. Bitte die Große um Hilfe. Ähnliche Grunzlaute wie von der Kleinen am Vormittag. Sie liegt noch imme auf der Couch. Irgendwie kommen mir jetzt Zweifel an meiner Vaterschaft, wegen der Sprache. Bastle mir jetzt eben selber meine Seite. Aber wie schon eingangs erwähnt. Es funktioniert nicht so richtig. Aber ich bleibe ruhig. Seltsam. Wahrscheinlich die Medis. Auf jeden Fall, der PC bleibt ganz und der Monitor steht noch an der gleichen Stelle.

Im Posteingang eine Nachricht von N. War nicht so toll. Mein Deprizusand ist wieder auf 12. Bin total traurig was ihr passiert ist. Vielleicht ist sie Morgen auch nicht da. Egal, wichtig ist, sie wird wieder gesund.

Wenn sie morgen nicht kommt, wird mein nächster Blog wohl unter dem Titel „Apfelkuchen an der Backe von J und C “ heißen.